"Deutschland ist ein Einwanderungsland", sagt Mario Löhr, Landrat des Kreises Unna. Also müsse der Staat auch die nötigen Mittel für eine erfolgreiche Integration bereitstellen, so Löhr in einem Schreiben an das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Denn genau diese Mittel stehen derzeit mal wieder in Frage - und damit die Qualität und Quantität der Migrationsberatung. Der Caritasverband für den Kreis Unna wehrt sich - gemeinsam mit den anderen Trägern der Migrationsberatung im Kreis - gegen die vom Bundesfinanzminister geplanten Kürzungen.
24 Millionen Euro will die Bundesregierung bei der Migrationsberatung für Erwachsene einsparen und zehn Millionen in den Jugendmigrationsdiensten. Dabei stehe die Finanzierbarkeit auch so schon auf tönernen Füßen, wie Ralf Plogmann, Vorstand des Caritasverbandes, betont: "Schon durch die Tariferhöhungen wird es eng für uns. Aber wir wissen, wie wichtig die Migrationsberatung ist und tun alles dafür, um sie fortsetzen zu können. Doch bei einer solchen Mittelkürzung werden viele aufgeben müssen."
Auch Rainer Goepfert, Geschäftsführer des AWO-Unterbezirks Ruhr-Lippe-Ems, findet kein Verständnis für die Pläne in Berlin. "Wir sehen doch, wie gut Migrantinnen und Migranten durch unsere Hilfe auch beruflich und ökonomisch Fuß fassen. Das muss die Regierung doch in ihren Überlegungen berücksichtigen", so Goepfert.
Auch Mario Löhr betont in seinem Schreiben an Ministerin Lisa Paus: "Die in Rede stehenden Kürzungen der Bundesregierung laufen nach meiner Auffassung allen Bekundungen und Interessen der bisherigen Migrations- und Integrationspolitik in der Bundesrepublik zuwider." Deshalb richtet er den Appell an die Ministerin, "die Träger von Jugendmigrationsdiensten und Migrationsberatungen für Erwachsene auch weiterhin angemessen und auskömmlich zu unterstützen."
Wilhelm Schulten, verantwortlich für die Migrationsberatung beim DRK Lünen, erkennt gar einen Wortbruch, als er aus dem entsprechenden Punkt im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung zitiert, nach dem die Beratungsdienste weiter auf eine sichere finanzielle Basis gestellt werden sollten.
Bereits bei den Haushaltsverhandlungen im vergangenen Jahr stand die Finanzierung der Dienste auf der Kippe - doch da konnten sich die Befürworter durchsetzen. Ob das auch diesmal gelingt, stand bei Redaktionsschluss noch nicht fest. Sollten die Kürzungen tatsächlich kommen, sehen viele Träger schwarz für die Beratungsangebote in den Kommunen. Steffen Feldmann, Finanzvorstand beim Deutschen Caritasverband prophezeit: "Wenn nun diese umfassenden Beratungen für Migranten und geflüchtete Menschen verschwinden, hat das gravierende Auswirkungen auf die präventive und lebensnahe Hilfe. Und damit auch auf unsere gesamte Gesellschaft und den sozialen Frieden."
Vor diesem Hintergrund haben sich die Träger im Kreis Unna mit den Bundestagsabgeordneten der verschiedenen Parteien getroffen und die bedrohliche Situation verdeutlicht. Unter den Abgeordneten Hubert Hüppe (CDU), Oliver Kaczmarek (SPD) und Michael Sacher (Grüne) herrschte Konsens, dass die Beratungsangebote sinnvoll sind und weiter in der bisherigen Höhe finanziert werden sollten. Ob die Kürzungen aber noch verhindert werden können - dazu konnte keiner der Abgeordneten eine belastbare Prognose abgeben.